SEMINAR „Berlin, Bau und Raum im Spiegel der schönen Literatur“
Kulturhistorisches Forschungsseminar am Fachbereich 8 (Architektur) der TUB
Für das Wintersemester 1976/77 am Fachbereich Architektur der TU Berlin haben Jonas Geist (Architekt und Assistenzprofessor) und Joachim Krausse (Soziologe und Assistent) ein Seminar unter dem Titel „Berlin, Bau und Raum im Spiegel der schönen Literatur“ angeboten, dessen Ziel sie im Exposé wie folgt beschreiben:
„Für Berlin gibt es noch nicht, was es für Paris gibt: die lexikalische Verarbeitung der Literatur in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Ort, Person und Ereignis, in Bezug auf den Zusammenhang zwischen baulich-räumlicher Entwicklung und Zustand der Gesellschaft. […] Wir wollen einen Forschungsschwerpunkt aufbauen, um das für Berlin zu leisten und um der ökonomischen, politischen und technischen Bewertung der baulich-räumlichen Ordnung hier am Fachbereich die der sozialkulturellen hinzuzufügen. […] Ziel: Erarbeitung eines mit Text und Bild illustrierten Lexikons, das kaum bekanntes und schwer zugängliches Material für eine breite Öffentlichkeit zugänglich macht. Systematische Verzettelung aller Ortsbeschreibungen, seien es Straßen, Häuser, Innenräume …“ (Geist/Krausse, Seminarexposé, Oktober 1976)
Die etwa 20 Teilnehmer des Seminars trafen wöchentlich zusammen. Es wurden Text- und Bildbeschreibungen von Orten und Ereignissen in Berlin vorgestellt, die vornehmlich im 19. Jahrhundert entstanden sind. In Hinblick auf ein zu erarbeitendes Lexikon wurden diese Beschreibungen kartiert, kopiert, auf Karteikarten verzettelt und systematisch abgelegt. Zusätzlich traf man sich an den darauffolgenden Samstagen zu gemeinsamen Stadtwanderungen, bei denen diese Orte begangen wurden. Diese Ausflüge dienten durch die Verknüpfung historischer Zeugnisse mit der aktuellen Realität der allmählichen vierdimensionalen Erkundung der Stadt (Ost und West) und waren zugleich auch für Freunde und Gäste offene gesellschaftliche Ereignisse.
Als das Seminar in kleinere Arbeitsgruppen aufgeteilt wurde um die unterschiedliche Sphären der Stadtgeschichte – wie Industrie, Verkehr, Militär, Handel, Kultur, usw, – genauer zu untersuchen, begannen auch Klaus Kürvers, einer der Studenten, und Jonas Geist in einer Arbeitsgruppe „Wohnen“ zusammenzuarbeiten. Aus dieser Zusammenarbeit ist ab 1978 das Projekt zur Geschichte des Berliner Mietshauses hervorgegangen. Nach der Berufung von Jonas Geist zum Professor an die Hochschule der Künste im Frühjahr 1978 wurden das Literaturseminar, die Stadtwanderungen und die Gründung eines kulturwissenschaftlichen Forschungsschwerpunktes an der HdK fortgeführt.
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